in den neuen Nutzungsbedingungen ist mir aufgefallen, dass dort Kinder unter 13 Jahren nun ausdrücklich ausgeschlossen sind. EIne kurze Diskussion auf Twitter hat gezeigt, dass hier wohl ein deutliches Missverständnis einmal beim Verstehen der DSGVO und dann in der Formulierung in den neuen Nutzungsbedingungen vorliegt.
Was dort aktuell steht
Wenn wir einen ersten offensichtlichen Formulierungsfehler (man muss 16 Jahre alt sein, ab 13 Jahren benötigt man die EInverständniserklärung der Eltern - gemeint ist: man kann ab 13 Jahren mitmachen, aber nur mit EInverständniserklärung; ab 16 Jahren braucht man diese nicht mehr; dort steht aber bei Lichte betrachtet: Man kann erst ab 16 Jahren mitmachen, und jeder - auch Erwachsene - benötigen eine EInverständniserklärung, denn sie sind ja „ab 13 Jahre“…) mal außen vor lassen, dann ist die Regelung aktuell wohl wie folgt gedacht:Nutzer sind natürliche Personen. Als natürliche Person muss der Nutzer das sechzehnte (16.) Lebensjahr vollendet haben. Personen ab 13 Jahren benötigen für die Teilnahme unbedingt die Zustimmung der Erziehungsberechtigten bzw. des gesetzlichen Vertreters. ( DSGVO Artikel 8 )
- Personen ab 16 Jahren dürfen sich frei registrieren
- Personen von 13 bis 15 Jahren dürfen sich mit Einverständnis der gesetzlichen Vertreter registrieren
- Personen unter 13 Jahren dürfen sich gar nicht registrieren
Begründet wird das Ganze nun mit folgendem Artikel der DSGVO: https://dsgvo-gesetz.de/art-8-dsgvo/
Dabei sehe ich im Wesentlichen zwei Probleme:
- In der DSGVO steht etwas völlig anderes
- Die DSGVO bezieht sich ausschließlich auf das Akzeptieren der Datenschutzbestimmungen - die überdies von den Nutzungsbedingungen selber komplett getrennt sein müssen. Für die Nutzungsbedingungen selber ist das BGB anwendbar, nicht das Datenschutzrecht.
Erstes und hier wichtigstes Gesetz: BGB, §107:
Das ist der einzige auf die Nutzungsbedingungen anwendbare Satz eigentlich. Um herauszufinden, ob ein Minderjähriger (hier geht es übrigens im Einklang mit BGB § 106 um „beschräîkt geschäftsfähige“ Minderjährige von 7 bis 17 Jahren) zum Akzeptieren der Nutzungsbedingungen eine Einverständniserklärung benötigt, schauen wir, welche rechtlichen Vor- und Nachteile sie oder er durch den Vertragsschluss, nämlich die Registrierung auf OC.de unter Akzeptanz der Nutzungsbedingungen, erwirbt:Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Rechtliche Vorteile / Neutral
- Die Registrierung als Nutzer ist kostenfrei.
- Der Nutzer verpflichtet sich, die beim Anmeldeprozess abgefragten Angaben vollständig, werbefrei und wahrheitsgemäß anzugeben.
- Der Nutzungsvertrag kann jederzeit durch den Nutzer in Textform ohne Einhaltung einer Frist beendet werden.
- Die Veröffentlichung eines Listings erfolgt aufgrund einer angegebenen Datenlizenz. aber: Sofern im Listing nicht anders angegeben, gilt die definierte Standard-Datenlizenz von Opencaching Deutschland e.V..
- Ausgebrachte Caches müssen als solche deutlich gekennzeichnet sein und mindestens die Kontaktangaben des “Owners” und den Wegpunkt des Cache-Listings enthalten.
- Der Nutzer ist verpflichtet, alle Kosten, insbesondere Kosten der Rechtsverfolgung, zu tragen.
N.B.: Beim Punkt zur Datenlizenz ist vermutlich auch ein Fehler unterlaufen. Es ist zu begrüßen, dass man nun komplett von der Standardlizenz CC-BY-NC-ND, welche unfrei ist, abweichen darf, auch wenn ich vermute, dass das ein Unfall ist - bitte so lassen! - aber laut diesem Punkt ist man in der Lizenzwahl un komplett frei und kann auch noch unfreiere Lizenzen wählen.
Anhand dieser Analyse passiert Nutzern zwar nichts schlimmes und der Punkt der Lizenzierung der Inhalte ist vermutlich der einzige Punkt, der ein tatsächlicher rechtlicher Nachteil ist. BGB §107 ist somit aber anwendbar und Personen unter 18 Jahren benötigen, ganz unabhängig von Datenschutzfragen, die Einverständniserklärung des gesetzlichen Vertreters - wobei hier auch eine ausdrückliche Genehmigung, elber Lizenzen für eigene Werke zu vergeben, ausreichen würde.
Als nächstes kommt dann das Datenschutzrecht ins Spiel. Wie schon erwähnt bedarf es hier nach DSGVO einer komplett separaten Erklärung und einer komplett separaten Zustimmung, aber hier geht es nur um die Frage des Alters. Schauen wir uns Artikel 8 mal im Einzelnen an:
Hier müssen wir zunächst erörtern, ob Opencaching.de ein Angebot ist, das einem Kind direkt gemacht wird. Dies ist generell erst einmal nicht der Fall. Allerdings könnten ja durchaus auf OC.de beworbene Events direkt an Kidner gerichtet sein.Gilt Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a bei einem Angebot von Diensten der Informationsgesellschaft, das einem Kind direkt gemacht wird, so ist die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Kindes rechtmäßig, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat.
OK, das scheint klar zu sein.Hat das Kind noch nicht das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so ist diese Verarbeitung nur rechtmäßig, sofern und soweit diese Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird.
Damit wären wir wieder raus eigentlich, denn wir waren ja schon so weit, dass alle Personen unter 18 Jahren die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter benötigen.Absatz 1 lässt das allgemeine Vertragsrecht der Mitgliedstaaten, wie etwa die Vorschriften zur Gültigkeit, zum Zustandekommen oder zu den Rechtsfolgen eines Vertrags in Bezug auf ein Kind, unberührt.
Kommen wir zu den ominösen 13 Jahren:
Dies bezieht sich auf den Artikel 8 Absatz 1 - also auf das Absenken der Altersgrenze von 16 Jahren, ab der keine Einverständniserklärung mehr benötigt wird. Da es in Deutschland keine solche Regelung gibt, ist dieser Satz vollkommen egal - die in den Nutzungsbedingungen refereznierte Grenze von 13 Jahren existiert also in keinem geltenden Gesetz. Täte sie es, ginge es auch lediglich um die Altersgrenze, ab der keine Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten mehr erforderlich. Eine Grenze, unter der ein Minderjähriger gar nicht mitmachen darf, gibt keines der Gesetze her. Gemäß Absatz 3 (oben zitiert) wird diese Grenze durch das Vertragsrecht - also bei uns das BGB - vorgegeben und liegt daher bei 7 Jahren.Die Mitgliedstaaten können durch Rechtsvorschriften zu diesen Zwecken eine niedrigere Altersgrenze vorsehen, die jedoch nicht unter dem vollendeten dreizehnten Lebensjahr liegen darf.
In seiner Handreichung „Datenschutz im Verein nach DSGVO“ kommt der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg schlussendlich zu folgender Auffassung:
Wenn man nun also davon ausgeht, dass sich Opencaching.de nicht gezielt an Minderjährige richtet, und dass die Datennutzung durch Opencaching vorbildlich ist und nur in geringem Umfang stattfindet, könnte man auch Kinder ab 13 Jahren zustimmen lassen (aber wie gesagt nur zum Datenschutzteil, nicht zu den Nutzungsbedingungen).Eine starre Altersgrenze in Bezug auf die Einwilligungsfähigkeit kennt die
DS-GVO außerhalb des Art. 8 DS-GVO (diese Vorschrift gilt nur im
Zusammenhang mit kindorientierten Telemedien, wie z.B. an Kinder gerichtete
Onlineshops und -spiele) nicht. Kinder und Jugendliche können daher in die
Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten selbst einwilligen, wenn sie in
der Lage sind, die Konsequenzen der Verwendung ihrer Daten zu übersehen und
sich deshalb auch verbindlich dazu zu äußern. Maßgeblich ist der jeweilige
Verwendungszusammenhang der Daten und der Reifegrad bzw. die
Lebenserfahrung des Betroffenen. Bei Kindern unter 13 Jahren ist regelmäßig
davon auszugehen, dass sie die Konsequenzen der Verwendung ihrer Daten nicht
übersehen können.
Handlungsempfehlung
Aufgrund der obigen Analyse möchte ich dafür plädieren, den fraglichen Passus aus den Nutzungsbedingungen zu entfernen.
- Das Datenschutzrecht ist hier nicht das maßgebende Gesetz.
- Die Voraussetzungen für die Zustimmung zum Vertrag regelt das BGB.
- Die gesetzlichen Bestimmungen können in anderen Jurisdiktionen anders lauten.
Die Referenz zur DSGVO sowie alle „datenschutzgetriebenen“ Passagen in den Nutzungsbedingungen sollten entfernt werden.Nutzer sind natürliche Personen, die durch das geltende Vertragsrecht in der Lage sind, die Nutzungsbedingungen rechtskräftig zu akzeptieren.
Bei der Registrierung sollten folgende Bestätigungen getrennt erfolgen:
- Ich habe die Nutzungsbedingungen und die Datenlizenz gelesen und bin mit ihnen einverstanden.
- Ich habe die Datenschutzbestimmungen gelesen und bin mit ihnen einverstanden. Ich bin mindestens 13 Jahre alt, oder meine Erziehungsberechtigten haben die Genehmigung erteilt, den Datenschutzbestimmungen zuzustimmen.
Vielen Dank für eure Zeit,
Nik
Disclaimer: Ich bin kein Anwalt, habe dieses Thema aber in wochenlanger Arbeit für den Teckids e.V. mit verschiedenen Anwälten, Datenschutzrechtlern sowie dem baden-württembergischen Landesbeauftragten für Datenschutz erörtert.